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Telefonieren am Steuer: Das Handy als Unfallrisiko

Der Gebrauch des Handys am Steuer ist so weit verbreitet wie gefährlich. Wer beim Fahren mit dem Mobiltelefon hantiert, gefährdet nicht nur sich selbst, sondern auch andere. Die Frankfurter Polizei macht gezielte Kontrollen, um Autofahrer zu sensibilisieren. Die Handysünder hält das aber nicht von ihrem riskanten Verhalten ab.
Dieses Blitzerfoto hat das Straßenverkehrsamt im Frankfurter Nordend gemacht. Der Mann am Steuer tippte während der Fahrt auf dem Mobiltelefon herum und rauchte obendrein eine Zigarette. Foto: Bernd Weissbrod (dpa) Dieses Blitzerfoto hat das Straßenverkehrsamt im Frankfurter Nordend gemacht. Der Mann am Steuer tippte während der Fahrt auf dem Mobiltelefon herum und rauchte obendrein eine Zigarette.
Frankfurt. 

Der Autofahrer, den das Frankfurter Straßenverkehrsamt vor einigen Wochen in der Rohrbachstraße (Nordend) blitzte, kann von der Situation ringsum nicht mehr viel mitbekommen haben: Das Schwarz-Weiß-Foto der Überwachungsanlage zeigt ihn mit beiden Händen am Mobiltelefon, den Blick auf das Display gerichtet und offenbar tippend. Zwischen dem linken Zeige- und Mittelfinger klemmt eine Kippe. Das Lenkrad fixiert der Verkehrssünder nur noch mit den Handkanten und Unterarmen. Ein Tempo von 30 Kilometern pro Stunde hätte der Kastenwagen des Mannes höchstens draufhaben dürfen, mit 42 geriet er in die Radarfalle – das Handy hat sich abermals als Ablenkungsmaschine erwiesen.

Hohe Dunkelziffer

Das Straßenverkehrsamt hat in der Zeit von Januar 2015 bis März 2016 insgesamt 64 Autofahrer geblitzt, die zu schnell oder über Rot fuhren und dabei ein Mobiltelefon nutzten. Rainer Michaelis, Leiter der Abteilung Verkehrssicherheit, weiß aber genau, dass diese Zahl nur die klitzekleine Spitze eines gigantischen Eisbergs repräsentiert: „Die Dunkelziffer ist sehr hoch. Wer sich mit offenen Augen durch den Frankfurter Verkehr bewegt, sieht ständig Leute am Steuer, die das Handy am Ohr haben.“ Vielen Verkehrsteilnehmern sei „überhaupt nicht bewusst, welche Gefahr von der Ablenkung ausgeht“: „Wer bei einem Tempo von 50 Stundenkilometern für eine Sekunde auf ein Display schaut, fährt schon 14 Meter blind.“

Christian Scheh
Kommentar: Zu lasche Regeln

Handys haben Suchtpotenzial. Viele Menschen tun sich schwer damit, die Dinger links liegenzulassen, wenn sie im Auto klingeln. „Es ist ja nur für einen kurzen Moment; es könnte ja wichtig sein.

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Auch Erik Hessenmüller, Leiter der Direktion Verkehrsüberwachung im Frankfurter Polizeipräsidium, bezeichnet das Hantieren mit dem Mobiltelefon am Steuer als „enormes Sicherheitsrisiko“. Seriöse Statistiken zur Handynutzung beim Fahren und zu den damit einhergehenden Unfällen existierten zwar nicht, „weil sich die Nutzung in den meisten Fällen gar nicht mehr nachweisen lässt“. Dass die gefährliche Praxis mit der Verbreitung der Mobiltelefone zugenommen hat, hält er aber für offenkundig. „Wir machen gezielte Kontrollaktionen, um entsprechende Verstöße zu ahnden und für das Thema zu sensibilisieren.“

60 Euro und ein Punkt

Wer erstmals beim verbotenen Telefonieren am Steuer erwischt wird, muss 60 Euro bezahlen und erhält einen Punkt in Flensburg. Der Frankfurter Verkehrsrechtler Uwe Lenhart berichtet, dass die Strafe im Falle mehrerer weiterer Verstöße „bis zu einem Fahrverbot“ reichen kann. Wer während der Handynutzung beim Fahren einen tödlichen Unfall verursacht, könne wegen fahrlässiger Tötung angeklagt und zu einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren verurteilt werden. Rechtsanwalt Lenhart rät Autofahrern zur Nutzung einer Freisprecheinrichtung oder, noch besser, zum Verzicht auf Telefonate, denn: „Auch ein Gespräch kann schon vom Straßenverkehr ablenken.“

Lenhart führt aus, dass die Straßenverkehrsordnung dem Fahrzeugführer bei laufendem Motor das Aufnehmen und Halten eines Mobiltelefons und die damit verbundene Nutzung aller Bedienfunktionen verbietet. „Schon die kurze Kontrolle, ob das Handy eingeschaltet ist oder der Blick auf den Akkustand sind bußgeldbewehrt“, sagt Lenhart. Erlaubt sei das hingegen bloße Umlegen des Handys, etwa vom Beifahrersitz in eine Ablage. Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm darf das Mobiltelefon auch dann benutzt werden, wenn der Motor an einer roten Ampel von einer automatischen Start-Stopp-Funktion ausgeschaltet wurde. Wenn der Autofahrer das Mobiltelefon nicht in der Hand hält, sondern in einer Halterung stecken hat, sind der Nutzung ebenfalls keine Grenzen gesetzt: „In diesem Fall darf man während der Fahrt sogar eine SMS schreiben“, sagt Verkehrsexperte Lenhart, der von einer solchen Praxis aus Sicherheitsgründen allerdings dringend abrät.

Die Verkehrsexperten weisen darauf hin, dass es außer der Nutzung eines Handys am Steuer noch viele vergleichbare, aber nicht bußgeldbewehrte Risiken gibt: Wer ein Navigationsgerät bedient, einen Becher in der Hand hält oder eine Zigarette anzündet, nimmt ebenfalls Momente der Unaufmerksamkeit oder der eingeschränkten Kontrolle in Kauf.

Verkehrsrechtler Lenhart hatte schon mit einem Mandanten zu tun, der am Steuer ein Mobiltelefon benutzte und dabei aus Versehen eine Frau totfuhr: „So etwas steckt keiner so schnell weg, an den Folgen leiden einige Unfallverursacher noch ihr ganzes Leben – von den Angehörigen des Toten mal ganz abgesehen.“

(chc)
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